DEMOKRATIE Rechtsstaatlichkeit:
gleiches und faires Recht für Alle
Rechtsstaatlichkeit
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Rechtsstaatlichkeit

Grundsatz

Der Rechtsstaat versucht, die geltende Rechtsordnung mit verhältnismässigen (d.h. weder übertriebenen noch zu laschen) Mitteln durchzusetzen. Verbrecher, die andere Menschen an Leib und Leben schädigen oder ihnen materiellen Schaden zufügen, sollen durch Strafen abgeschreckt, im Strafvollzug nach Möglichkeit resozialisiert [gemeinschaftsfähig gemacht, d.h. "nacherzogen"] werden und - als ultima ratio [letzte Möglichkeit] im Falle von nicht korrigierbarer Gemeingefährlichkeit - lebenslänglich verwahrt werden.

Umgekehrt ist jeder verdächtigen Person ein faires Gerichtsverfahren zu gewähren. Die Polizei darf keine übermässige Gewalt bei der Verfolgung und Verhaftung anwenden. Bei der Vernehmung darf keine Folter angewendet werden und jeder Verdächtige hat Anspruch auf einen professionellen Rechtsbeistand (Verteidiger), der ihn während der Untersuchung und vor Gericht berät und bei Verletzungen der Verfahrensregeln Einspruch erhebt.

Ein weiterer wesentlicher rechtsstaatlicher Grundsatz ist die Gleichbehandlung: Vor dem Gesetz sind alle Personen gleich - unabhängig davon, aus welcher Familie sie stammen, wie viel Geld sie besitzen oder wie berühmt / populär sie sind.


Praktische Schwierigkeiten

So schön der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit in der Theorie tönt, so schwierig ist er in der Praxis umzusetzen. Dies liegt nicht nur daran, dass die Herrschenden immer versucht sind, das Recht zu ihren Gunsten zu beugen, sondern dass sich zwangsläufig Konflikte zwischen den berechtigten Sicherheitsansprüchen der (mehr oder weniger) unbescholten lebenden Mehrheit der Bevölkerung und dem Recht auf faire Behandlung für die wenigen Personen ergeben, die eines Verbrechens verdächtigt werden.

Wird das Sicherheitsbedürfnis der Mehrheit zu stark gewichtet, so stehen Polizei und Justiz unvermeidlich unter einem hohen gesellschaftlichen Druck, jede verdächtige Person zu verhaften und im Zweifelsfall durch lebenslängliche Verwahrung an weiteren Straftaten zu hindern. Unter solchem Druck wurden und werden immer wieder Unschuldige für Verbrechen verurteilt, die andere begangen haben. Oft handelt es sich bei den unschuldig verurteilten Personen um Angehörige von Minderheiten, oder es werden Kleinkriminelle (z.B. Taschendiebe) für schwere Verbrechen verurteilt, nur weil sie der Polizei schon negativ aufgefallen sind.

Wird dagegen das Recht auf faire Behandlung zu hoch gewichtet, so steigt dass Risiko, dass die Gerichte gemeingefährliche Serienstraftäter mangels absolut stichhaltiger Beweise freisprechen und damit indirekt Leben und Gesundheit weiterer unschuldiger Opfer aufs Spiel setzen.

Diese Gratwanderung wird - soviel ist absehbar - eine Herausforderung für den Rechtsstaat bleiben, solange es Menschen gibt, die sich überhaupt um Rechtsstaatlichkeit bemühen.

Immerhin genügt ein Blick in unabhängige Zeitungen, um zu sehen, dass es weltweit mit der Einhaltung rechsstaatlicher Grundsätze erschreckend schlecht steht. Selbst Staaten, die auf ihre demokratische Tradition stolz sind wie die USA haben hier noch grossen Nachholbedarf. Einerseits zeigen verbesserte Beweismethoden (insbesondere DNA-Analysen [Untersuchungen des Erbgutes] von am Tatort zurückgelassenen Haaren, Hautfetzchen u.ä.), dass in einer Vielzahl von Fällen Verdächtige fälschlich als Täter verurteilt wurden, die mit dem im ursprünglichen Prozess verwendeten "Beweismittel" nichts zu tun haben. Besonders problematisch ist es, wenn aufgrund von ungenügenden Indizien Unschuldige zur Todesstrafe verurteilt werden. Offensichtlich wurde in der Vergangenheit viel zu häufig der rechtsstaatliche Grundsatz "In dubio pro reo" [Im Zweifelsfall zugunsten des Angeklagten] verletzt, nur um gegenüber der Öffentlichkeit einen Schuldigen präsentieren zu können.

Auch der Grundsatz der Rechtsgleichheit ist in der Praxis schwierig durchzusetzen. Es kommt immer wieder vor, dass Regierungen in einzelnen Fällen auf die Strafverfolgung zugunsten oder zulasten eines Angeklagten Druck ausüben oder dass Polizisten bei bekannten Persönlichkeiten ein Auge zudrücken, um sich Ärger zu ersparen und umgekehrt gegen Randständige mit übermässiger Gewalt vorgehen, um persönlichen Frust (z.B. gegen die durch eine Veranstaltung verursachten Überstunden) abzureagieren.

Trotz dieser kritischen Bemerkungen darf man nicht übersehen, dass die Idee der Rechtsstaatlichkeit sich bewährt und in demokratischen Ländern auch im Alltag zu deutlich mehr Gerechtigkeit geführt hat. Zwischen dem heute erreichten Stand an professionellem rechtsstaatlichem Verhalten von Polizei und Justiz in Westeuropa und den Zuständen, wie sie noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestanden und in vielen aussereuropäischen Ländern auch heute noch gang und gäbe sind, liegen Welten.

Dass es in Europa zu dieser erfreulichen Situtation gekommen ist, ist nicht zuletzt ein Verdienst der freien Presse, die Demonstrationen, Polizeieinsätze und Gerichtsverfahren kritisch beobachtet, kommentiert und Vorwürfen nachgeht, dass es im einen oder anderen Fall doch zu Uebergriffen gekommen sei.

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